Hei,
heute Nachmittag um 15.30 Uhr hat mich der Expressliner mit einer Stunde Verspätung sicher und
heile nach Bergen gebracht. In 65 Stunden brachte mich der Küstendampfer ca. 1.500 km gen Süden.
Insgesamt legte ich mit der Hurtigruten ca. 2.500 km auf drei Schiffen zurück. Dabei passierte ich
heute bei 04°43,332' den westlichsten Punkt, den ich in Skandinavien je erreichte. Außer einigen
Ausnahmen, auf ablegenden Inselchen, geht es auch nicht mehr weiter westlich.
Kurz vor Mitternacht legte das Schiff in Ålesund an. Eigentlich lag ich schon im Bett. Dann
überlegte ich mir aber noch mal aufzustehen, um einige Fotos von der Stadt zu machen. Denn es wäre
ja auch eine Mißachtung, wenn ich meiner norwegischen Lieblingsstadt nicht einen kleinen
nächtlichen Besuch abgestattet hätte. Wahrscheinlich wäre ich in der Zukunft hier mit Dauerregen
bestraft worden ! Bei dem Spaziergang merkte ich schon, dass ein Sturm aufzieht. Auch sprach die
Schiffsbesatzung bereits darüber, als sie hinter mir saßen. Da merkte ich, dass auch einige hart
gestandene "Seebärinnen" stöhnen, wenn sie von Sturm hören :-))
Auf dem Stadmeer war es dann auch so weit. 5-6 m hohe Wellen schüttelten das Schiff so richtig
durch. Das war doch mal wieder was. Aufs Stadhavet ist halt verlaß ! Ich war schon enttäuscht, dass
ich die größte europäische Achterbahn, den Vestfjorden, zweimal bei glatter See überquerte. Aber
hinter Florø ging es dann wieder in geschützte Gewässer über und der Spaß war schon vorbei. Es sah
aber gut aus, wenn die Gischt an meinem Bullauge vorbeifetzte. Das Wetter zeigte sich heute wieder
von der typischen norwegischen Art. So konnte ich heute auch Filme sparen. Die Fahrt an sich war
sehr interessant. Besonders schön war die Fahrt durch die Schären des Sula-Archipel. Dabei mußte
vor der Fahrt durch den Skomakersundet der Rumpf der Midnatsol mit Vaseline eingeschmiert werden,
damit das Schiff durch die engen Felsen schlüpfen konnte. Ich staunte nur, was hier draußen noch
für eine Landschaft zu finden ist. Mit dem Album "Zeitgeist" des Hamburger Tranceduo
"Schiller" hatte ich auch die richtige Musik zu der Landschaft aufgelegt. Als ich mal kurz draußen war, sah
ich dann auch Extrem-Schiffsreisende. Während mich der Wind fast über die Reling blies, saß eine
junge Familie auf den Sonnendeck und hielt in aller Ruhe ein Picknick ab. Sie sahen in ihrer
Kleidung zwar aus, als wollten sie mit Reinhold und Avred die Antarktis zu Fuß durchqueren, aber
sie wirkten, als hätten sie viel Spaß. Eine gute Stunde vor Bergen sah man auch die große
Raffinerie von Mongstad. Bergen habe ich genauso vorgefunden, wie ich es verlassen hatte. Es war genau dasselbe
Pisswetter wie im Juni 2000. Ich bin mir auch sicher, dass es dazwischen nicht aufgehört hat zu regnen. Da
fiel mir glatt eine Anekdote ein, die mir eine ältere Dame nach meinem letzten Norwegenvortrag
erzählte.
Da lief mal ein Tourist im strömenden Regen durch Bergen. Da sah er einen kleinen Jungen in einer
Pfütze spielen und sagte, "Mensch Junge, Du spielst ja im strömenden
Regen ! Wie lange regnet das
denn schon ?" - "Das kann ich doch nicht wissen ! Ich bin doch erst 5."
Habe ich gestern einige lobende Worte über Molde verloren, so muß ich von Bergen das ganze
Gegenteil erwähnen. Der Hurtigrutenkai ist das Allerletzte ! So eine miese Anlage habe ich noch
nicht gesehen. Keine Wartehalle. Natürlich auch keine Schließfächer. Die Leute, die über eine
Stunde im strömenden Regen auf das verspätet Schiff warteten, mußten sich in einem provisorisches
Zelt, was als Lagerhalle diente unterstellen und störten dabei natürlich die Norcargo-Arbeiter bei
ihrer Arbeit. Ziemlich verwirrt lief ich und einige andere auch durch die Hafenanlage und suchten
etwas, wo sie ihr Gepäck abstellen konnten. Vergebens ! Zum Glück liegt das Schiff hier sehr lange
und ich konnte meinen Rucksack wieder an Bord bringen. Nun suchte ich die Bushaltestelle. Nach 30
Minuten fand ich sie ca. 500 m vom Hafen entfernt.
Die Bushaltestellen sind aber auch nur wieder Makulatur. Aber nicht weil man, wie auf den Lofoten überall einsteigen kann, sondern weil die Busse
hier vorbeirasen, wenn man sich nicht bemerkbar macht. Am besten, man springt davor oder winkt mit
beiden Armen. Es gibt hier aber auch lustige Busfahrer, die winken dann zurück und erzählen während
der Fahrt Witze. Finde ich aber nicht so prall. Besser wäre es, wenn es hier eine
Tageskarte wie in Oslo gäbe. Dann müßte man nicht immer für 20 NOK eine Einzelfahrt lösen!
Die Wegbeschreibung zum Vandrerhjem war auch für'n Arsch ! Sie war für Besucher, die mit einem Auto
kommen perfekt. Für Leute, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln anreisen war zwar beschrieben, dass
man mit der Buslinie 31 hierher kommt, man erfuhr aber nicht, wo man aussteigen sollte. Also lief
ich dann mit Sack und Pack gut 2,5 km im Regen durch Bergen, weil ich zu früh ausstieg. Als ich
hier ankam war ich nicht nur durchgeschwitzt, schlag alle und naß, nein meine Reiseunterlagen waren
durchgeweicht und meine Kameras naß.
Vor gut 14 Monaten kreierte mein Kumpel Frank den Satz "Viel Mühe geben sich die Norweger
nicht !"
Dieser Satz bekommt bei mir von Tour zu Tour immer mehr Bedeutung und ich schreibe ihn schon in
großen und fetten Lettern. Sie sind schon ein komisches Volk, die Norweger.
Nun bleibt mir für heute nur noch zu hoffen, dass mein Immunsystem trotz der schlechten Ernährung
der letzten zwei Wochen, noch so gut ist, wie ich es gewohnt bin. Heute war der erste Tag seit
langen, wo ich mal gefroren habe.
Mit den Bildern muß ich mal sehen. Die tun sich hier alle so schwer ! Wie schon gesagt... Sie haben
zwar eine tolle Telefonanlage, können mir aber keinen Kontakt zur Verfügung
stellen ! Was sind mir
doch da bisher für hilfsbereite Menschen begegnet.
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